Siebenbürgen – wehrhafte Kirchenburgen und ursprüngliche Dörfer in Transsilvanien

Hallo, hier sind die Reisefrequenzen mit Erfahrungen und Tipps für eine Reise zu den stattlichen Kirchenburgen und beschaulichen Dörfern Siebenbürgens in Rumänien. Die Landschaft im schützenden Bogen der Karpaten wird auch Transsilvanien genannt, seit dem Mittelalter siedelten hier Siebenbürger Sachsen. Sie brachten ihre Sprache, ihre Traditionen, ihre landwirtschaftlichen Fähigkeiten und die Bauweise ihrer Straßendörfer und stolzen Kirchen aus dem Rheingebiet und Luxemburg mit. Die grüne Region hat ihr Flair und ihre Aura behalten.

Die kulturhistorisch herausragenden Siebenbürger Kirchenburgen stehen auf den Kuppen der Hügel und schauen weit über das wellige Land. Über 160 von ihnen sind noch erhalten, eine weltweit einmalige Dichte wehrhafter Kirchen.
Bis heute prägt die jahrhundertelange Anwesenheit der Siebenbürger Sachsen das nördliche Rumänien. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben fast alle das Land verlassen (mehr Infos zu ihrer Geschichte stehen im Text über Hermannstadt /Sibiu) und in eine der ursprünglichsten Kulturlandschaften Europas sind mehr und mehr Rumänen und Roma nachgezogen. Manche der stolzen Kirchenburgen sind dem Verfall preisgegeben, manche Gemeinde existiert längst nicht mehr. Manche der sächsischen Höfe sind herausgeputzt und vergrößert, andere bleiben unbewohnt. Die ehemaligen Weinberge auf den sanften Hügeln sind grasbewachsene Terrassen, lange schon ohne Reben. Ohne industrialisierte Landwirtschaft lässt sich kaum Geld verdienen.
Diese Welt scheint wie verwunschen, auf den ersten Blick ist die Zeit stehen geblieben. Nichts zerreisst den Ausblick in die dünn besiedelte Gegend, keine breiten Bundesstraßen und lauten Autobahnen durchbrechen wie Lineale die Landschaft. Keine betonierten Hochgeschwindigkeitsstrecken der Bahn, keine Windräder oder Kühltürme. Den Dörfern fehlen die bei uns so typischen Neubausiedlungen und geschotterten Vorgärten. Bilderbuchimpressionen. Wiesenblumen blühen in allen Farben, Transsilvanien ist eine der artenreichsten Regionen Europas. Ein Heuwagen rumpelt vorbei, ein Junge versucht sein Reitpferd zu zähmen.
Der oberflächliche Blick auf die vermeintliche Romantik.

In den Dörfern der Siebenbürger Kirchenburgen besonders schön:
Ein Orgelkonzert hören
In kleinen Museen die Dinge einer vergangenen Zeit betrachten und sich in die Leben ihrer Nutzer träumen
In einem Dorf in Siebenbürgen übernachten

Die Kirchenburgen Siebenbürgens waren früher die letzte Chance auf Rettung und Überleben. Der ungarische König Geysa II (1141 – 1161) holte die Neusiedler ins Land, um mit einer menschlichen Barriere die Grenzen seines Reiches gegen die ständigen Einfälle der Mongolen und Tataren zu schützen. Später fielen brandschatzend die Osmanen ein. Ihr Ziel war Wien, doch sie nutzten Transsilvanien um gewaltsam ihr Proviant aufzufüllen, Frauen und Kinder gewinnbringend zu versklaven und kostbare Schätze zu rauben.
Im Gegenzug errichteten die Siebenbürger Sachsen die Kirchenburgen als ihre Fluchtpunkte in praktischer und geistlicher Hinsicht. Eine feste Burg ist unser Gott.
Hier konnten kostbare Waren gelagert und Vorräte für schwierige Zeiten angelegt werden. Gegen die zermürbende Erfahrung marodierender Horden wurden Mauern um die Kirchen gebaut, Versorgungsgebäude errichtet und oft auch ein Speckturm hochgezogen. Eine besondere Aufbewahrungsmöglichkeiten waren die Siebenbürger Stollentruhen, jede Familie konnte in ihrer Truhe Kostbarkeiten und überlebensnotwendige Dinge innerhalb der Kirchenburg lagern. Schließlich entstanden massive militärische Anlage mit zwei, drei Mauerringen, Wehrgang, Schießscharten und Aufenthaltsräumen, so dass die Dorfgemeinschaft sich im System ihrer Nachbarschaften zurückziehen konnte. Nach Abzug der fremden Truppen schauten sich die Menschen den Schaden im manchmal brandgeschatzten Dorf an.

Ein besonderer Schatz in vielen Kirchen sind die aus verschiedenen Epochen stammenden Orgeln. Sie gleichen klingenden Perlen in der gemauerten Schale. Siebenbürgen ist eine vielfältige Orgellandschaft und den Klängen einer Orgel zuzuhören bleibt ein sehr besonderes Erlebnis.

Jede der Siebenbürger Kirchenburgen birgt einen Schatz

Heltau / Cisnădie

In der ursprünglich romanischen Heltauer Kirchenburg (Cisnădie) 12 km von Hermannstadt/Sibiu soll hinter einer schweren Eichenholztür ein sagenhafter Schatz versteckt sein. Allerdings hat man ihn auch während der kürzlichen Sanierung noch nicht gefunden. Der Turm wird als Zeichen der Gerichtsbarkeit von vier kleinen an den Ecken eingerahmt.

Michelsberg / Cisnădioara

In Michelsberg /Cisnădioara, ebenfalls in der Nähe von Hermannstadt/Sibiu, steht auf einem fast kreisrunden Bergkegel eine der ältesten Kirchen Siebenbürgens. Sie wurde bereits in einer Schenkungsurkunde von 1223 erwähnt und war schon vor dem verheerenden Angriff der Mongolen von 1241 befestigt. Im Hof der romanischen Kirche liegen Steine. Der Legende nach muß jeder Bräutigam hier vor der Hochzeit seinen Stein ablegen.

Bierthälm / Biertan

Eine der wichtigsten Kirchenburgen steht auf dem Hügel über Bierthälm / Biertan, 35 km südwestlich von Schäßburg/Sighișoara. Nach der Reformation wurde die Bierthälmer Kirche Bischofssitz der evangelischen Kirche und blieb bis 1867 geistlicher Mittelpunkt der Siebenbürger Sachsen. Deshalb ist sie besonders gut befestigt, auf einem Hügel über dem hübschen Dorf erhebt sie sich hinter einem dreifachen Mauerring. Zwei Zwinger und einige Wehrtürme stellen sich vor die turmlose gotische Hallenkirche. Seit 1993 gehört sie zum Welterbe der UNESCO. Bruno zeigt mir das wunderbare Netzgewölbe, die sorgsamen Intarsienarbeiten im Chorgestühl und das geniale spätgotische Schloss an der Tür zur Sakristei. An 13 Stellen konnte es die Schätze gleichzeitig verriegeln und wurde sogar auf der Pariser Weltausstellung 1889 gezeigt. Im Kirchenschiff hängen historische Zunftfahnen und an der Kanzel aus Sandstein sieht es aus, als würde Maria erstochen.
Draußen in den Wehrtürmen wurde als reichhaltige Nahrung für den Notfall Speck aufbewahrt. In einem kleinen Haus gab es das Ehezimmer – kein Standesamt, sondern ein Prüfstand. Hier wurden Ehepaare die kurz vor der Scheidung standen für zwei Wochen eingewiesen. Im Zimmer war ein Bett, ein Stuhl, ein Essgeschirr. Kein zweites. Auf diese drastische Weise sollen Paare gelernt haben zu teilen und miteinander auszukommen. Angeblich kam es dank dieser läuternden Methode zu keiner Scheidung. Und überraschend nicht zu Mord und Totschlag. Laut Beschriftung des Bettes war Johann Schuller auch dabei.

Deutsch-Weißkirch / Viscri

Eines der bekanntesten transsilvanischen Dörfer ist Deutsch-Weißkirch / Viscri, gut 40 km südlich von Schäßburg/Sighișoara. Drei Straßen, eine Kirchenburg auf einem kleinen Hügel, weite Wiesen und grüne Felder. Der Grund für die Berühmtheit des kleinen Ortes ist King Charles III. 2016 kaufte er sich einen sächsischen Hof im Dorf, weil er als 16. Urenkel von Graf Dracula seine rumänischen Wurzeln hegen und ökologische Landwirtschaft betreiben wollte. An die blaue Fassade seines Anwesens hat er sein Wappen angepinnt. Seine erste Auslandsreise als König nach der Krönung unternahm er nach Rumänien – ohne Camilla. Seitdem ist Deutsch-Weißkirch/Visci fast überlaufen, die schicken SUVs mit teils Bukarester Kennzeichen wirbeln den Staub der Dorfstraße auf. Wir laufen zur schmucken Kirchenburg deren frisch geweißelte Wände zwischen Rosen leuchten. Frau Groß, mit ihrem Mann zurückgekehrt aus einem Leben in Bayern, verkauft die Eintrittskarte und beantwortet alle Fragen. In den Räumen der Ringmauer zeigt ein interessantes Museum Artefakte des früheren dörflichen Lebens und der Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen.

Deutsch-Kreuz / Criț

Nicht weit vom Dorf des Königs liegt Deutsch-Kreuz / Criț. In den Festungsmauern der alten Kirchenburg steht ein Kirchenneubau von 1822 und strahlt im renovierten Klassizismus. Das ist in der überwiegend gotischen Welt der Siebenbürger Kirchen überraschend. Der Platz zwischen Wehrmauer und Sakralbau ist ein Lampiongeschmückter Festplatz. Ich stelle mir fröhliche Hochzeitstänze auf diesem Rasen vor.
Nebenan hat ein Investor das zusammenfallende Pfarrhaus neu aufgebaut. Die Casa Kraus bietet Zimmer zum Übernachten und ein Restaurant. Bruno und Diana laden zur leckeren Suppe, so wie es Rumänen sehr gerne tun. Sie beißen dazu in scharfe Paprika – was ich selber lieber sein lasse.

Die Spitze der alten Dörfer sind ihre Kirchenburgen, doch sind sie ein erhaltenes Gesamtensemble vergangener Lebensweise. Steingemauerte Häuser, große Toreinfahrten, bunte Fassaden. Die Dorfbewohner leben ihren eigenen Rhythmus und unser Wohlstand ist nicht dort.

Tipps für die Kirchen und Dörfer Siebenbürgens
Info: Die Stiftung Kirchenburgen hat eine sehr gute Infoseite https://kirchenburgen.org/
Infos zu Ortschaften und Traditionen https://www.siebenbuerger.de/ortschaften/
Übernachtung: In einigen Dörfern gibt es schöne Übernachtungsangebote. Sie sind hier aufgelistet: https://www.siebenbuerger.de/portal/land-und-leute/reisen/
♥️ Unser Lieblingsplatz in den Dörfern Siebenbürgens: In jeder Kirchenburgen. Bei sommerlichem Wetter auf den Terrassen der Gasthäusern sitzen, die es in einigen Dörfern gibt. Schauen und plaudern.

Das waren die Reisefrequenzen unterwegs in den Dörfern und Kirchenburgen Siebenbürgens mit Tipps und Erfahrungen für die Reise.

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