Hermannstadt /Sibiu – Highlight im charmanten Siebenbürgen in Rumänien

Hallo! Hier sind die Reisefrequenzen – auf einer Reise zu den schönsten Städten und Sehenswürdigkeiten Siebenbürgens. Siebenbürgen wird auch Transsilvanien genannt und liegt im nördlichen Rumänien. Transsilvanien ist eine sagenumwobene Gegend, die ihre Geheimnisse „jenseits der Wälder“ birgt. Im Halbrund des bewaldeten Karpatenbogens liegt das fruchtbare hügelige Becken voller blühender Wiesen, staksender Storche, kleiner Dörfer und bunter Städte. Auf deutsch wird die Landschaft auch Siebenbürgen genannt.
Das Ziel: Eine Tour zu den Sehenswürdigkeiten von Hermannstadt / Sibiu.

  • 1. Sehenswürdigkeiten im charmanten Sibiu/Hermannstadt
  • 2. Eine kurze Geschichte Siebenbürgens

1. Das charmante Sibiu / Hermannstadt

Sibiu / Hermannstadt ist eine kleine Perle oder wie es Tucholsky einst beschrieb:

»Hermannstadt ist entzückend, bestes, altes, gutes Deutschland. Winklige Gassen, eine wundervolle Bevölkerung, sehr gutes Essen, nicht zu vergessen«

Kurt Tucholsky

Tucholsky war 1918 als Feldpolizist in Rumänien und schrieb von dort an seine spätere Ehefrau Mary Gerold. 
Seitdem ist viel Zeit vergangen, ein zweiter Weltkrieg, kommunistische Herrschaft und der Exodus der deutschsprachigen Siebenbürger Sachsen. Die lange Zeit kulturprägende Gemeinschaft ist weggezogen, zurück bleiben die Straßen und Häuser. Hermannstadt / Sibiu ist eine charmante Stadt, auch wenn mich der sichtbare Verfall traurig stimmt. Sie ist viel mehr als eine pittoreske Szene – eine eigene Welt. Meine Reise ist zu kurz, um in die vergangenen deutschsprachigen Lebenswelten einzutauchen und die heutigen Vibes zu verstehen. Mir bleiben die bunten Fassaden und die unwiderstehliche Anziehungskraft der Stadt. 2007 war sie Kulturhauptstadt Europas.

Die Faszination von Sibiu/Hermannstadt beginnt mit der reizvollen Lage in den hügeligen Ausläufern der südlichen Karpaten. Die Stadt selbst ist geteilt in Oben und Unten, die beiden Sphären sind durch stufenreiche Treppen verbunden. Oben residierten die Patrizier und Kleriker, unten siedelten Handwerker und Händler bis zum Fluss Zibin.

Um 1147 erreichten die ersten deutschsprachigen Siedler diese Gegend und ließen sich auf dem strategisch günstigen Hügel nieder. Schließlich wurde Hermannstadt das Zentrum der Siebenbürger Sachsen und der Hermannstädter Stuhl, eine siebenbürgische Verwaltungseinheit, flächenmäßig der Größte im Land. Am Kirchturm ist noch immer zu erkennen, dass Hermannstadt über die hohe Gerichtsbarkeit verfügte. Vier kleine Türmchen begleiten den Hauptturm und setzen so das weithin sichtbare machtvolle Zeichen.
Jules, die rasante und reflektierte Fahrerin meiner Mitfahrgelegenheit nach Sibiu / Hermannstadt, setzt mich an der Autobahnabfahrt raus und ich stehe etwas verloren dort. Wie durch ein kleines Wunder kommt ein Taxi vorbei und der Chauffeur Traian bringt mich plaudernd in die Innenstadt. Dort bin ich im Café Wien an der Stadtpfarrkirche mit Cătălin verabredet. Ein wenig fühle ich mich wie in Habsburger Zeiten, tatsächlich war Hermannstadt einmal größer als Wien. Es gibt leckeren Auberginensalat und sehr viele Informationen.

Mich faszinieren die vielen erhaltenen Baudetails, ich liebe die alten Türen und Griffe. Aus den Dächern schauen mir scheinbar beobachtende Fledermausgauben, die „Augen von Hermannstadt“ nach. Diese schwungvoll gewölbten Dachöffnungen dienten zur Luftrocknung des eingelagerten Specks und anderer Waren. Die Hausfassaden sind oft neu gestrichen während in den Höfen dahinter das Kraut blüht und Altwaren rumliegen.
Diana zeigt mir die Altstadt und ihre Begeisterung für Hermannstadt / Sibiu sprüht Funken. Sie erklärt die mittelalterliche Stadtbefestigung mit ihren dicken Türmen und die drei wichtigen Plätze der Oberstadt, von denen zwei in Habsburger-Manier nicht Platz sondern Ring heißen.
Der hübsch bepflanzte Huetplatz, benannt nach einem herausragenden Sachsengrafen, ist die höchstgelegene der drei Piazzen. Entstanden innerhalb der ersten Stadtbefestigung klammern sich die umgebenden Häuser auf die alten Wehrmauern. Dazu gehören das renommierte deutschsprachige Brukenthal-Gymnasium und der wuchtige Sagturm, der älteste Zugang zur Stadt.

In der Mitte thront die seit 1545 evangelische Stadtpfarrkirche frisch renoviert in strahlendem Weiß und ihr Turm ragt wie ein Stadtanzeiger in den endlos blauen weiten Himmel. Vor der Kirche steht die Statue des bedeutenden Bischofs Georg Daniel Teutsch, entworfen von Adolf von Donndorf. Das sakrale gotische Gebäude kostet Eintritt. Im Inneren wandert mein Blick zunächst über zahlreiche Grabplatten der Hermannstädter Patrizier an den Wänden der Ferula, einer 1448 vorgebauten westlichen Halle. Eine Schülerin des Brukenthal-Gymnasiums erklärt mir den früheren Bauzustand, sie möchte im Zwiegespräch ihre Deutschkenntnisse verbessern. Mich fasziniert das glockenförmige Taufbecken, es wurde 1438 aus einer osmanischen Kanonenkugel gegossen. Während ich mich umschaue, probt der Organist virtuos auf der großen Brandenburger Sauer-Orgel.

In Hermannstadt  /Sibiu besonders schön:
Die 3 Piazzen erkunden: Huetplatz, Piaţa Mică, Piața Mare
Auf altem Pflaster durch malerische Straßen schlendern und bunte Häuser fotografieren
Das Brukenthal-Museum besuchen
Durch den Erlenpark flanieren und wie die Einheimischen dort eine Pause machen
Ein Orgelkonzert in der Stadtpfarrkirche hören

Hermannstadt / Sibiu bleibt auch auf den zweiten Blick spannend

Durch eine schmale Gasse schlendern wir auf die Piaţa Mică, den Kleinen Ring. Er ist gesäumt von Laubengängen unter denen die Händler ihre Waren auch bei Regen geschützt feilboten. Heute sind zwischen die Arkaden kleine Läden, Cafés und Restaurants eingezogen. Über dem Weg in die Unterstadt hängt die berühmte eiserne „Lügenbrücke“. 1859 wurden ihre einzelnen Teile in Friedrichshütte gegossen und in Siebenbürgen zusammenmontiert. Seitdem liegt ihr Brückenbogen auf den tragenden Backsteinwänden und vermutlich kommt ihr kurioser Name vom „liegen“. Um die Hermannstädter Lügenbrücke ranken sich viele Legenden, doch wenn sie tatsächlich bei jeder Lüge zusammenbräche hätte sie die letzten fast 170 Jahre sicherlich nicht überstanden.

Durch den niedrigen Torbogen im alten Rathausturm hindurch erreichen wir die Piața Mare, den Großen Ring. Der weite Platz ist der Mittelpunkt. Früher fanden hier Hinrichtungen statt, heute säumen Lokale und Kaffeehäuser das Pflaster. Markant steht die Jesuitenkirche auf der nordwestlichen Seite, seit der Gegenreformation verdeckt sie bewusst den Blick auf die protestantische Stadtpfarrkirche. Das schönste Museum von Sibiu/Hermannstadt ist das BrukenthalMuseum im historischen Palais des Reichsfreiherrn und Gouverneur von Siebenbürgen Samuel von Brukenthal. Es zeigt 200 Jahre Geschichte in interessanten Objekten und Gemälden. Nebenan hüllt sich das ehemalige Gebäude der Bodenkreditanstalt in gründerzeitlichem Neobarock, inzwischen ist das Rathaus in den Prachtbau gezogen.

Im spätgotischen Lutsch-Haus, dass Kaiser Sigismund im 15. Jahrhundert erbauen ließ, residiert heute das „Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien“. Im Teutsch – Haus neben der neogotischen Johanniskirche birgt das Landeskirchliche Museum Schätze zur Geschichte Siebenbürgens. Das integrierte Büchercafé Erasmus bietet nicht nur eine große auch deutschsprachige Literaturauswahl zum Thema Siebenbürgen und Hermannstadt sondern ebenso einen Garten als wunderbare Insel der Ruhe für eine beschauliche Pause.
Der in die mittelalterliche Festung gebaute ThaliaSaal der Philharmonie war das erste im Jahr 1788 erbaute rumänische Theater. Die vorüberführende Harteneckgasse und der Fußweg an der Stadtmauer bieten den Blick auf altertümliche Hausfassaden am dritten Befestigungsring. Zwischen dem Zimmermannsturm und dem Töpferturm – für ihre wehrhafte Instandhaltung waren die Zünfte verantwortlich, daher die Namen – wurde der mittelalterliche Wehrgang anschaulich rekonstruiert.
Durch die Unterstadt mit ihren einfacheren, teils maroden und immer fröhlich bunten Häusern spaziere ich zum Zibinsmarkt auf der Piața Cibin. Gemüse und Obst quellen über. Tomaten in rot bis gelb und lila, echte Heidelbeeren die innen blau und nicht weißlich grün sind, Pfifferlinge in Mengen, Paprika, Dill, Auberginen. Am Rande wird in kleinen Läden Käse und Brot verkauft. Alles so lecker!
Auf dem Rückweg betrachte ich die neobyzantinische, innen vollkommen ausgemalte ab 1902 errichtete orthodoxe Kathedrale mit ihrem Türgriff von Carl Hamacher aus Gelsenkirchen.
Zur Entspannung lohnt sich ein Spaziergang durch den Erlenpark, die grüne Lunge aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ist die älteste Parkanlage des heutigen Rumänien. Das ist nicht der einzige Superlativ in Hermannstadt / Sibiu. Die erste Apotheke, das erste Museum und die erste Bibliothek Siebenbürgens gehören dazu. Und das Theater. Das jährliche internationale Theaterfetival FITS schloß in diesem Jahr (2023) mit einer Drohneninszenierung im nächtlichen Himmel über Transsilvanien: 
Sibiu, te iubim. Hermannstadt, wir lieben Dich!“

Tipps für Hermannstadt / Sibiu
Infos: gibt‘s auf der ausführlichen http://sibiucityapp.ro/
Geld: Die Landeswährung heißt leu, der Plural lei. Bargeld ist ebenso üblich wie Kartenzahlung, in kleineren Geschäften nur Bargeld. Geldabheben am Automaten auch mit EC-Karte möglich.
Food: Café Wien http://cafewien.ro/, das Hochmeister https://hochmeister.ro und das Restaurant Pasaj https://www.facebook.com/Restaurant.Pasaj.Sibiu/ sind nur einige von Vielen guten Cafés, Bars und Restaurants.
Eine Oase der Ruhe und ein Platz der Bücher (auch deutschsprachig) ist das Erasmus Café, Strada Mitropoliei 30.
Extra-Tipp:
Das Volksbad von K.Hocheder ist fast eine Kopie des berühmten Münchener Vorbildes https://www.baiapopularasibiu.ro/de
Das Astra-Freilichtmuseum zeigt bäuerliches Leben aus ganz Rumänien
https://muzeulastra.ro/
♥️ Lieblingsplatz in Hermannstadt/Sibiu: Die Stadtführung. Cătălin und Diana Mureşan von http://siebenburgenreisen.com/ haben mir ihre Stadt gezeigt

2. Eine kurze Geschichte Siebenbürgens

Jahrhundertelang war Transsilvanien oder Siebenbürgen ein von deutschsprachigen Sachsen geprägter Landstrich der unter wechselnder Herrschaft stand. Seit 1918 gehört das Gebiet zu Rumänien. Schon im 12. Jahrhundert motivierten die ungarischen Könige Siedler aus der Rhein-Mosel-Luxemburg-Region zum Umzug in ihre transsilvanischen Herrschaftsgebiete auch in die Region von Hermannstadt und Klausenburg. Mit Hilfe der einwandernden und mit Privilegien ausgestatten Gäste, der „hospites“, bauten sie die Landesverteidigung und die Landwirtschaft aus. In einer Chronik von 1206 werden die Neuankömmlinge erstmals als „Saxones“ bezeichnet, eine auf dem Balkan damals übliche Bezeichnung für deutschsprachige Menschen. Nachdem sie ihre ersten sieben Städte gründeten und massiv schützten, bürgerte sich für die Neuankömmlinge der Begriff „Siebenbürger Sachsen“ ein.
Mit der Reformation wurden sie evangelisch und die Kirche hat in ihren Gemeinschaften stets eine große Rolle gespielt. Gemeinsam mit Rumänen, Ungarn und Roma lebten sie im Land hinter den Wäldern – das die Römer trans silva nannten.
Vor dem Ersten Weltkrieg gab es mehr als 800.000 Deutschsprachige in Rumänien. Die Statistik zählt um 1900 56,4 % Rumänen, 33 % Ungarn und 9,4 % Sachsen in Siebenbürgen. Im Zweiten Weltkrieg diente die Mehrheit der Rumäniendeutschen in der Waffen-SS. Nach dem 2. Weltkrieg begann der Exodus der Siebenbürger Sachsen. Viele wurden als „Volksdeutsche“ angefeindet oder in das industrialisierte Donezbecken der Ukraine deportiert. Mit dem Kommunismus wurden sie enteignet. Im Rahmen der Familienzusammenführung reisten sie nach Deutschland aus. Der rumänische Staat ahnte ein Geschäftsmodell und ließ sich die Ausreise der Sachsen pro Kopf bezahlen. So verbleiben weniger Sachsen im Land und gleichzeitig kamen Devisen in die Kasse. Nach 1945 sind 253.000 Deutsche ausgereist, allein in den beiden Jahren nach 1989 waren es über 90.000 Menschen. Heute wohnen noch etwa 15.000 Sachsen in Siebenbürgen gemeinsam mit mehrheitlich Rumänen und den Minderheiten der Ungarn und Roma. In Transsilvanien entsteht eine neue Kultur. Mehr dazu auch hier: Schäßburg / Sighișoara – Weltkulturerbe und Graf Dracula in Siebenbürgen Rumänien.

Unterwegs im nördlichen Rumänien habe ich viele freundliche, hilfsbereite Menschen getroffen, die mir Wege wiesen, meinen Koffer trugen, mir Fotos ihrer Familien zeigten und mit mir über das Leben philosophierten. Die Verständigung war auf deutsch oder englisch überraschend einfach und ich habe ein anderes Verständnis von Zeit kennengelernt.
Hinfahren, selber schauen.

Das waren die Reisefrequenzen unterwegs zu den Sehenswürdigkeiten in Hermannstadt / Sibiu. Eine Reise ins Land hinter den Wäldern, Transsilvanien oder Siebenbürgen genannt, lohnt sich!

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