Glindow. Ziegeleien für den Backstein und die Glindower Alpen am See.

Brandenburg
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Glindow. Ziegeleien für den Backstein und die Glindower Alpen am See.
Glindow. Ziegeleien für den Backstein und die Glindower Alpen am See.
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Hallo! Hier geht’s mit den Reisefrequenzen zum Märkischen Ziegeleimuseum in Glindow, zu einem Spaziergang am Glindower See und einem Abstecher zum Wandern in den Glindower Alpen.

Im Oktober 2023 durfte ich mit dem sehr sympathischen und professionellen Team der WDR Reisesendung „Wunderschön“ an einem sonnigen kalten Morgen durch die Alpen bei Glindow wandern. Bis unsere Erkundung als Teil des „Wunderschön – Havelland“ im TV zu sehen sein wird, sind die Glindower Alpen und das Märkische Ziegeleimuseum zwischen Industriegeschichte, brandenburgischen Steigen und wilder Natur eine Empfehlung.

Ohne WDR ist es auch sehr schön. An einem sonnigen Herbstnachmittag stehen wir vor einem auffälligen Ziegelturm am Ortsende von Glindow. An der Tür hängt ein Schild „Museum“. Die Uhr am Turm zeigt kurz vor sechs, sehr lange schon. Das untere achteckige Stockwerk sieht aus wie eine Zuckerdose oder ein orientalisches Aufbewahrungsgefäß. Ursprünglich gehörte der Turm zur Ziegelei Krumwiede und wurde um 1890 erbaut. Heute ist er das Wahrzeichen des Märkischen Ziegeleimuseums, seine gelben Ziegel werden von einem roten Backsteinmäanderband durchzogen und die Fenstereinfassungen zeigen interessante Muster. Von oben schweifen seit bald 140 Jahren die Blicke über den Glindower See. Einst hielten hier die Ziegeleibesitzer Ausschau nach ihren Transportkähnen, die voll beladen mit Backsteinen aus Glindow in die Hauptstadt fuhren und leer zurückkehrten. „Berlin ist aus dem Kahn gebaut“, mit Ziegeln auch aus Glindow. Das Wort Glin gibt den Ton in Glindow an, sein Ursprung ist slawisch. Auch im Russischen heißt гли́на „Ton oder Lehm“.

  • Inhalt
    1. Besichtigung des Ziegeleimuseums
    2. Was sind Stein, Ziegel, Backstein?
    3. Das Formen und Trocknen der Ziegel in der Glindower Manufaktur
    4. Bevor das Feuer erlosch: Im Glindower Ringofen
    5. Der Weg zum Glindower See
    6. Berge in Brandenburg: Wanderwege durch die Glindower Alpen
    Tipps, Infos, Sehenswürdigkeiten, Öffnungszeiten für Euren Besuch in Glindow

1. Besichtigung des Märkischen Ziegeleimuseums in Glindow

Nach einer Wartezeit, während der wir die Kraniche über uns beobachten, wird die Tür zum Museum geöffnet. Unser Museumsguide nickt uns zu und murmelt „Gerd“. Engagiert, weißhaarig, voller Humor und ein in Sachen Ziegel nahezu allwissender Erzähler. Das Märkische Ziegeleimuseum besteht aus zwei Teilen. Im Turm, der vom Förderverein betreut wird, sind Dokumente über die Geschichte der Ziegeleien in Glindow im Besonderen und der Mark im Allgemeinen ausgestellt. Pläne, alte Fotos und unterschiedlich geformte Backsteine zeigen die handwerkliche Tradition mit der seit über 500 Jahren in Glindow Ton abgebaut und Ziegel gebrannt wurden.
Der zweite Teil des Märkischen Ziegeleimuseums und Brennpunkt unserer Besichtigung ist der Rundgang zum Hoffmanschen Ringofen auf dem Gelände nebenan. Im 19. Jahrhundert wurden hier Ziegel hergestellt, nach dem Krieg erst Kohlepresslinge und schließlich Blumentöpfe. Seit 2023 ist auch dieser letzte märkische Brennofen erloschen, doch der Besuch bleibt spannend.
Es wird ein ausführlicher Rundgang mit vielen brennenden Fragen. Fotografieren ist leider nicht erlaubt.

Die geologischen Voraussetzungen für die Ziegeleien sind ideal. Im gesamten mittleren Havelgebiet, in jedem Nebenbecken der trägen Havel, in jeder Niederung gibt es als Relikt der Eiszeit leicht abbaubare Tonablagerungen. In Glindow, am Rande des Zauche-Plateaus sind sie besonders reichhaltig, feinkörnig, kalkhaltig und für die Verarbeitung im Handstrichverfahren gut geeignet. Die Vorkommen liefern Massenware für die Hauptstadt, sind jedoch für das spätere maschinelle Strangpressverfahren schlecht geeignet. Zwischen all diesen „Haveltonen“ liegt die Königin, der „Glindow-Ton“. Der diluvialen Tonmergel ist besser zu verarbeiten und auch für Verblendziegel geeignet. Die gute Qualität des „Glindow-Tons“ kannten auch schon die Mönche aus Lehnin. Seit spätestens 1317 verfügten sie nach einer Schenkung des Markgrafen Waldemars über die Glindower Tongruben.

Ein weiterer Vorteil für den Standort Glindow waren die idealen Transportwege übers Wasser bis nach Berlin. Die Großstadt ist, sozusagen, entlang der Havel entstanden.
Wir verlassen den Aussichtsturm. Gerd schließt die Eingangspforte zum alten Werksgelände auf. Hier liegen auf der großen Außenfläche die Ziegel nach Farben sortiert auf Holzpaletten gestapelt, wie ein buntes Klötzchenkinderpuzzle. Ich nehme einen in die Hand. Ziemlich schwer. Ist das Backstein, Ziegel oder Klinker? Auf keinen Fall ein Stein, bemerkt unser Guide entschieden.

2. Der Unterschied: Was sind Stein, Ziegel, Backstein?

Ein Stein wird nicht gebrannt, ein Ziegel schon, es sein denn es ist ein nur getrockneter Lehmziegel. Ein Backstein im Süddeutschen und im Mittelalter, ein Ziegel im Norddeutschen und allgemein gebräuchlich. Gebrannt wird er zwischen 950 und 1100 Grad. Ein Klinker hat meist einen höheren Silikatgehalt und benötigt eine Temperatur um mehr als 1150 Grad. Dabei verflüssigt sich die Oberfläche und wird beim Erkalten dicht und glatt. Sie ist versintert und wasserdicht. Wir sind im Schnellkurs Baukeramik. Der ist schon sprachlich eine Herausforderung. Der extrem verdichtete und versinterte Ziegel heißt dann Steinzeug, obgleich kein Stein und wohl auch kein „Zeugs“. Die regional sprachliche Verwirrung ist nicht in Stein gemeißelt, sie liegt vermutlich auch am hohen Alter und dem häufigen Einsatz des Werkstoffes. Seit über 10.000 Jahren ist er in Gebrauch. „Und sie sprachen untereinander: Wohlauf, lasst uns Ziegel streichen und brennen!“ (1. Mose, 11,3).

Die roten Ziegel sind eisenhaltig, die Gelben aus Glindow mit Kupfer versetzt. Die mit den rauen Oberflächen wurden vor dem Brennen in Sand gewendet. Wie ein paniertes Schnitzel. Daneben liegen Backstein mit glatten Oberflächen, sie sind versintert. Der gebrannte Ziegel wird erhitzt, die Oberfläche weicht auf und erstarrt dann erneut. Jetzt verstehe ich, was mit dem großen Tonklumpen vor dem Eingang des Museums geschehen war, der zusammengeklebt und verbacken dort lag. „Wenn einem Ziegelmeister das passierte, konnte er sich fünf Jahre lang nicht mehr im Dorf blicken lassen. Woanders bewerben musste er sich auch nicht mehr“. Der Brennmeister hatte den Ofen zu heiß werden lassen.

3. Das Formen und Trocknen der Ziegel in der Glindower Manufaktur

Ein Bericht aus der Zeit, als der Ofen noch brannte und die Neue Ziegelmanufaktur Glindow Ziegel für die Verwendung in der Denkmalpflege produzierte:
Das Formen und Trocknen der Ziegel
Wir gehen über das Gelände der Ziegelmanufaktur Glindow. Ein kurzer offener Schuppen heißt das „Lange Elend“. Länge und auch Elend sind ihm abhanden gekommen. Hier wurden die Ziegel nach dem Formen zum Trocknen aufgestapelt und jeden Tag gewendet werden. Das war noch in den 1960er Jahren Kinderarbeit. Davor steht eine langsam verrostende Maschine, die mich auf den ersten Blick an eine überdimensionale Ölpresse erinnert. In ihr wurde der Ton eingesumpft. Bevor es diese Maschine gab, erledigten Kinder und Frauen das Einsumpfen durch kräftiges Stampfen mit bloßen Füßen im Ton. Um Kosten zu sparen wurde der Einsatz von Tieren versucht, doch anders als Menschen fanden sie im Ton weder die kleinen Steinchen noch die störenden Wurzeln, die jeden Ziegel gesprengt hätten.
Gerd öffnet die Tür zur Fertigungshalle. Alles ist von einer rötlichen Staubschicht bedeckt, Körnchen flirren durch das Streiflicht, kleine rötliche Stalaktiten wachsen von der Decke und ich frage mich etwas mulmig, ob die offen liegenden elektrischen Leitungen resistent gegen den roten Feinstaub sind. Wir sind auf einer Zeitreise.
Der Ton wird gesumpft und nach Vorarbeiten in die je nach gewünschtem Format verschiedenen Model gepresst, außen Holz und innen Stahl. Das ist nicht anders als bei der Herstellung von Butter. Anschließend wird schwungvoll mit einem Draht über dem Model händisch abgezogen, eine Art Flitzebogen ist das Werkzeug. So entsteht die glatte Oberfläche. Stück für Stück für Stück.
Spezielle Formziegel fertigen Frauen in Feinarbeit. Der grobe Ziegel wird zwischen zwei Kunststoffformscheiben gespannt und die überstehende Tonmasse abgeschnitten. Auch das erinnert ans Backen. So entstehen Fensterelemente und andere Schmuckformen.
„Wer einmal Ton anfasst, bleibt daran kleben“.

Von der rötlichen Halle aus geht es in einen schummrigen Gang, in dem die 38 Trocknungsöfen stehen. An ihren schwarzen Flügeltüren heften Laufzettel mit Informationen zum Inhalt und der vorgesehenen Trocknungszeit der Ziegel. Das Wenden im „Langen Elend“, das herunterlassen schützender Rollos, das nur im Sommer arbeiten können, all das ist vorbei. Die Produktion ist wetterunabhängig geworden.

Auf dem Hoffmanschen Ringofen in Glindow
Wir folgen unserm Guide hinaus. Vor uns steht ein beeindruckend großes Gebäude das einem Mittelding zwischen Festung und Lokschuppen gleicht, der obere Teil ist ein Fachwerkbau mit Fenstern, darüber ein flaches Dach. Ein paar Stufen hinauf und „wir stehen jetzt auf dem Ofen“ in Glindow. Ungläubig schaue ich mich im dämmrigen Licht um. Ruß stäubt durch die Luft, unsere Schuhsohlen wirbeln eine zentimeterdicke Staubschicht auf. Braunkohlestaub ist das beste und preiswerte Heizmaterial. Durch die stets geöffneten Fenster fällt das milde Streiflicht. In der gedämpften Stimmung scheinen die Figuren aus den Erzählungen von Charles Dickens zu spazieren. Boomzeit der Industrialisierung.
Seit 1868 lodert der Ringofen unter uns nahezu ununterbrochen. 1859 meldete Friedrich Eduard Hoffman das Patent auf diese Innovation an, 1867 erhielt er dafür den Grand Prix auf der Pariser Weltausstellung. Gebaut, um Berlin zu bauen.
Hier oben auf dem Ofen ist es trüb und spooky. In regelmäßigen Abständen stecken moderne Stahlteile im Boden. Es sind Thermometer mit denen die Temperatur der darunterliegenden Brennkammer gemessen wird. Ist es unten nicht heiß genug, wird Kohlenstaub in die Brennkammern geschüttet. Schwarz gefüllte Schubkarren stehen bereit.
Bevor es die jetzt genutzten computergesteuerten Thermometer gab, schob der Brennmeister ein schlüsselartiges Instrument mit einem unendlich langen Schaft durch die schmale Öffnung in die Brennkammer nach unten. Je nachdem wie glühend es heraufgezogen wurde, sah der Brennmeister durch bloße Erfahrung die Temperatur. Zu rot, zu heiß. Zu schwarz, zu kühl. 1016 Grad Celsius waren für den Glindower Ton optimal. Wir verlassen die lichtarme frühindustrielle Szene.

4. Bevor das Feuer erlosch: Im Glindower Ringofen

Jetzt kommt der Höhepunkt. Die Innensicht eines Glindower Ringofens. Schön warm war es hier, als der Ofen noch brannte und die Neue Ziegelmanufaktur produzierte. Anfang 2023 war Schluß. Eine Darstellung aus der Zeit, als Glindow noch Hotspot des Backsteins war:
Im Eingang des Ringofens steht eine Schubkarre mit feuchtem Ton, um später die Türen der mit Rohlingen gefüllten Brennkammern schließend zu verstreichen. Wir gehen in eine der ziegelgemauerten Höhlen, eine der 14 Kammern des Ringofens hinein. Sie ist relativ kühl, eine Abkühlungskammer. Immer im Kreis durch alle Kammern wandert in 14tägigem Rhythmus das Feuer. Eine Feuerschlange. Wie sie funktioniert, beschreibt Theodor Fontane.

„Zunächst seine Form und Einrichtung. (…) Denken wir uns also eine gewöhnliche runde Torte, aus der wir das Mittel- oder Nußstück herausgeschnitten und durch eine schlanke Weinflasche ersetzt haben, so haben wir das getreue Abbild eines Ringofens. Denken wir uns dazu die Torte in (…) gleich große Stücke zerschnitten; so haben wir auch die Einrichtung des Ofens (…). Die in der Mitte aufragende Weinflasche ist natürlich der Schornstein. (…) Das Verfahren ist nun folgendes. In vier oder fünf der vorhandenen, durch Seitenöffnungen miteinander verbundenen Kammern werden die getrockneten Steine eingekarrt, in jede Kammer zwölftausend. (…) Nun beginnt man in Kammer eins ein Feuer zu machen, nährt es, indem man von oben her durch runde Löcher ein bestimmtes Quantum von Brennmaterial niederschüttet und hat nach vierundzwanzig Stunden die zwölftausend Steine der ersten Kammer völlig gebrannt. Aber (und darin liegt das Sparsystem) während man in Kammer eins eine für zwölftausend Steine ausreichende Rotglut unterhielt, wurden die Nachbarsteine in Kammer zwei halb, in Kammer drei ein Drittel fertig gebrannt und die Steine in Kammer vier und fünf wurden wenigstens »angeschmoocht«, wie der technische Ausdruck lautet. (…) Der Gesamtziegelbetrieb ist, (… ), in Händen weniger Familien: Fritze, Hintze, Fiedler;(…). Die Gesamtmasse produzierter Steine geht bis sechzehn Millionen, früher ging es über diese Zahl noch hinaus.“

Theodor Fontane. Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Der Schwielow und seine Umgebung.
Das Grab der Familie Hoffman auf dem Dorotheenstädtischen Berlin
Das Grab der Familie Hoffman und ihrer vier an Scharlach verstorbenen Kinder auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin

Friedrich Eduard Hoffman ist auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin in einem aufwendig mit Ziegeln und Keramik gestalteten Grab bestattet. Neben ihm seine Frau und vier seiner sechs Kinder. Innerhalb weniger Tage waren sie tot. Gestorben an Scharlach.

Der Ringofen machte die Ziegel billiger, die schlechten Arbeitsbedingungen blieben. Erst musste der schwere Ton abgebaut werden, dann folgte die anstrengende Arbeit des Handstrichs und die Transporte in und aus der Ofenkammer. Drinnen herrschte Hitze, draußen oft Kühle und Regen, Rauchgase strömten aus, Staub füllte die Luft und die Lunge. Die durchschnittliche Lebenserwartung aller Menschen lag um 1875 bei unter 40 Jahren. Kinderarbeit war bis zum Verbot in Preußen 1888 ganz normal. „Frondiensthafte Tätigkeit“ benannte es Theodor Fontane.
Wanderarbeiter halfen bei der Saisonarbeit, die meisten kamen traditionell aus Lippe, manche aus Italien. Nachts schliefen sie unter umgekippten Booten, in denen tags die Ware nach Berlin verschifft wurde. Geschätzt 22 Billionen Ziegelsteine wurden in die Hauptstadt geliefert. 32 rauchende Ziegelfabrikschlote hat Theodor Fontane allein in Glindow gezählt. Doch Ende der 1880er Jahre erschöpften sich die Tonvorräte bei Werder.
In Zehdenick wurden zufällig neue Vorkommen entdeckt und in Berlin entstanden fortan die Kirchen und Gebäude aus dem rötlichen dortigen Ton.
Nach dem 2. Weltkrieg blieb die Blumentopfproduktion. Fast alle Blumentöpfe der DDR kamen aus Glindow. Der Ton für die Fertigung wurde angeliefert und nicht mehr lokal abgebaut.
Gerd schließt die Tür, wir blinzeln ins Herbstlicht. Der Glindower Ringofen ist großartige Industriegeschichte. Ein weiterer Ringofen stand auf einem anderen Grundstück direkt nebenan, er ist dem Verfall preisgegeben.

5. Der Weg zum Glindower See

Ein paar Schritte nur sind es hinunter zum Glindower See, ein Weg schlängelt sich direkt am Ufer entlang. Linkerhand sind es bis zum Schloss Petzow knapp zwei Kilometer.

Rechterhand führt der Weg zwischen Kleingartenkolonie und See vorbei am Campingplatz Glindow bis zum Strandbad Glindow und weiter zu Kleines See-Restaurant. Das Strandbad ist ein kleiner gepflegter Platz mit grünem Rasen und sanftem Seezugang. Kleines See-Restaurant bietet eine Terrasse mit Seeblick. Von dort sind es nur ein paar Schritte bis zum Heimatmuseum und der von August Stüler selbstverständlich in Backstein konzipierten stattlichen Glindower Dorfkirche.

6. Berge in Brandenburg: Wanderwege durch die Glindower Alpen

Unten am See führt eine Straße entlang, die sich ganz ohne Serpentinen stolz die „Alpenstraße“ nennt.
Um sich im flachen Brandenburg großzügig „Alpen“ zu nennen genügen kaum mehr als 40 Höhenmetern. Seit 1995 steht die 120 Hektar große aufgewühlte Hügellandschaft mit dem verwegenen Namen unter Naturschutz. Die Erdeberge, wie sie jahrhundertelang hießen, wurden von Menschenhand als Abraum bei der Suche nach guter Tonerde aufgeworfen. Ein findiger Gasthauswirt nannte sie marketingrelevant die „Alpen“ und lockte damit scharenweise Berliner Ausflügler an.
Sandige Abstiege in kühlfeuchte Schluchten, langgezogenen Dünen, Bohlenstege über moorige Tümpel. Das Gelände könnte ein Zuhause für Hobbits sein.
Seit dem 15. Jahrhundert wurde in Glindow unter meterdicken Sandschichten der wertvolle Ton abgebaut. Die Arbeiter gruben den Tonadern folgend langgestreckte Rinnen und türmten den nutzlosen Sand zu Höhenrücken auf. Einzelne Gruben erreichten terrassenförmig die tieferen Schichten. So entstand im Laufe der Jahrhunderte die heute typische Rippenform des Geländes.
Nach dem Ende des Tonabbaus um 1900 holte sich die Vegetation die Alpen zurück.
An den Hängen wachsen Ahorn, Hainbuchen, Eschen, Rotbuchen, Linden und die nicht gern gesehenen weil invasiven Robinien. Auf den Höhen wird die Aufforstung mit Kiefern wieder gelichtet.

In den 1920er Jahren kamen täglich die Ausflugsboote aus Spandau an, die Gastwirtschaft „Glindower Alpen“ lockte mit deftiger Verpflegung und Glindower Obstbränden Besucher an. Wer weiterzog fand den Weg in die Glindower Alpen mit großen Felsbrocken zur eindrucksvollen Staffage drapiert.
Das Gasthaus ist heute Ruine. Der Weg von dort führt über den artenreichen Trockenrasen hinauf zum einstigen Belvedere. Verschiedene Moose, bräunliche Pilze, Heide- und Grasnelken, die jetzt braunlila Heide, noch glitzernd weiße Schafgarbe und blaue Wegwarten. Der schöne Ausblick auf die Seenlandschaft ist zugewachsen, dafür ist die Waldwanderung geradezu mystisch. Über kurze Holztreppen und splitternde Knüppeldämme führt der Streifzug durch Brandenburger Industriegeschichte.

Tipps, Infos, Öffnungszeiten zum Märkischen Ziegeleimuseum, dem Glindower See und den Glindower Alpen

Wo: Glindow bei Werder in der Nähe von Potsdam.
Was: Das Märkische Ziegeleimuseum in Glindow.
Öffnungszeiten Märkisches Ziegeleimuseum Glindow: Sa, So 10-16 bis Ende Oktober, Besichtigungen und Führungen im Ziegelwerk übernehmen die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Märkischen Ziegeleimuseums, Telefon und Fax: 03327/ 66 93 95
Parkplatz: Am Märkischen Ziegeleimuseum
Bus nach Glindow: Linie 641 ab Bhf. Werder
Wanderung Glindower Alpen: Es gibt Wegweiser, doch die Ausschilderung ist eher unübersichtlich. Doch in dem ca. 100 ha großen Gelände kann man sich nicht verlaufen.
Beispielsweise: Vom ruinösen ehemaligen Restaurant Glindower Alpen an der Alpenstraße, ca. 5 Minuten Richtung Ortsmitte vom Parkplatz aus, führt ein Weg zum Belvedere und hinunter zum Grubenteich.
Inspiration: Theodor Fontane. Wanderungen durch die Mark Brandenburg. Havelland. Der Schwielow und seine Umgebungen. Glindow.
♥️ Unser Lieblingsplatz in Glindow: Der Ringofen.

Das waren die Reisefrequenzen, heute unterwegs in Glindow. Alpen, See und das Märkische Ziegeleimuseum. Nah ist’s auch schön.

Glindow. Ziegeleien für den Backstein und die Glindower Alpen am See.

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